Wie Religionsgemeinschaften Diskriminierungen verhindern können

Gewisse Textstellen in religiösen Schriften können nach heutigem Verständnis insbesondere im Zusammenhang mit der sexuellen Orientierung diskriminierend sein. Wie können die Religionsgemeinschaften damit umgehen? Der Runde Tisch der Religionen beider Basel hat hierzu eine Empfehlung formuliert und in mehreren Sprachen veröffentlicht.

Die Volksabstimmung vom 9. Februar 2020, mit der die Anti-Rassismus-Strafnorm im schweizerischen Strafgesetz um das Verbot der Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung erweitert wurde, hat für Religionsgemeinschaften neue Fragen aufgeworfen: Dürfen Passagen aus religiösen Schriften, welche beispielsweise schwulenfeindlich sind oder in anderer Hinsicht die sexuelle Orientierung abwerten, nun nicht mehr zitiert werden? Wird damit die Religionsfreiheit eingeschränkt? Oder müssen, wie es in Rechtstaaten üblich ist, zwei Grundrechte – die Religionsfreiheit und der Schutz vor Diskriminierung – gegeneinander abgewogen werden?

Der Runde Tisch der Religionen beider Basel hat sich im vergangenen Jahr intensiv mit diesen Fragen beschäftigt und die Empfehlung «Umgang mit Diskriminierung in und durch Religionsgemeinschaften» erarbeitet. Das zeigt, dass auch schwierige Themen im Bereich des religiösen Zusammenlebens geklärt werden können, wenn sie offen und in gegenseitigem Respekt angegangen werden. Der Umgang mit Diskriminierung jeglicher Art ist nicht nur eine juristische Thematik, sondern auch eine Frage der Haltung. Der Runde Tisch der Religionen beider Basel, der sich konstruktiv und offen mit grundsätzlichen Fragen des gesellschaftlichen Zusammenlebens beschäftigt, möchte Glaubensgemeinschaften und Öffentlichkeit bewusst machen, dass verschiedene Formen der Diskriminierung Teil der jeweiligen Religionsgeschichte sind und sich in zahlreichen religiösen Texten und Überlieferungen finden. Solche Textstellen sollen künftig nicht unkommentiert zitiert werden, sondern in den historischen Zusammenhang gestellt werden.

Wichtig ist dem Runden Tisch der Religionen beider Basel, der Koordinationsstelle für Religionsfragen, der Fachstelle Diversität und Integration Basel-Stadt sowie dem Fachbereich Integration Basellandschaft, schwierige Themen nicht wegzudiskutieren, sondern sich für eine zeitgenössische und diskriminierungsfreie Interpretation der jeweiligen religiösen Lehren einzusetzen. Dabei sollen die Vertreterinnen und Vertreter der Religionsgemeinschaften nicht allein gelassen werden, sondern mit dieser Empfehlung eine Unterstützung erhalten. Um einem breiten Publikum diese Empfehlung zugänglich zu machen, wurde sie mit Mitteln des Kantonalen Integrationsprogramms Basel-Stadt in acht Sprachen übersetzt und steht nun in gedruckter Version und als PDF zur Verfügung.

 

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