Das Staatsarchiv sichert die Geschichte der Anti-AKW-Bewegung

Ab sofort können im Staatsarchiv Basel-Stadt die Unterlagen der ehemaligen Dokumentationsstelle Atomfreie Schweiz eingesehen werden. Die unzähligen Akten, Fotos, Filme und Plakate vermitteln ein lebendiges Bild des in der Bevölkerung breit abgestützten Widerstands gegen Atomkraftwerke in der Schweiz.

Die Dokumentationsstelle Atomfreie Schweiz wurde 2015 vom gleichnamigen Verein (Roland Meyer, Markus Ritter, Beatrice Alder und andere) eröffnet. Sie geht auf eine Initiative des Liedermachers Aernschd Born und des ehemaligen Lehrers Roland Meyer zurück. Sie wollten damit Unterlagen, die seit 1970 von Aktivistinnen und Aktivisten gesammelt worden waren, für die Nachwelt bewahren und öffentlich zugänglich machen. Unter der Leitung von Aernschd Born bewahrte die Dokumentationsstelle vielfältige Schrift-, Bild-, Ton- und Filmunterlagen auf. Von der Gewaltfreien Aktion gegen das AKW Kaiseraugst (GAGAK) stammten zum Beispiel Briefwechsel zu Abstimmungskampagnen oder zu einem Massenhungerstreik. Verschiedene Einzelpersonen übergaben Propagandaplakate, Filme über die Besetzung des Baugeländes des AKW Kaiseraugst, Fotos und Flugblätter von Demonstrationen und Zeitungsartikel.

Die gesammelten Unterlagen veranschaulichen die Entstehung einer breit abgestützten zivilgesellschaftlichen Bewegung. Aus dem Widerstand gegen das geplante AKW Kaiseraugst heraus verbreitete sich der schweizweite Widerstand gegen Atomkraftwerke über die Region Basel hinaus. In den 1970er- und 1980er-Jahren kam es zu zahlreichen Aktionen und Abstimmungen. Bis heute bewegt das Thema der Kernenergie viele Menschen. Gemäss Kantonsverfassung und Atomschutzgesetz ist der Kanton Basel-Stadt verpflichtet, sich gegen die Nutzung von Kernenergie zu stellen. Auf nationaler Ebene wurde 2016 mit dem Energiegesetz der Bau neuer Atomkraftwerke verboten.

Das Gesundheitsdepartement ist federführend im Thema Atomschutz. Regierungsrat Lukas Engelberger, Vorsteher des Gesundheitsdepartements, unterstreicht die grosse Bedeutung der Dokumentationsstelle und des Erschliessungsprojekts: «Es ist wichtig, dass Dokumente und Erinnerungen an die Anti-AKW-Bewegung erhalten bleiben und so der historischen Forschung sowie der Öffentlichkeit zugänglich bleiben.»

Die Dokumentationsstelle präsentierte mit ihrer Sammlung ein Stück Zeitgeschichte von aktueller Bedeutung. Eine langfristige Finanzierung des Betriebs erwies sich allerdings als schwierig. Deshalb überwies 2016 der Grosse Rat einen Anzug um finanzielle Unterstützung an den Regierungsrat. Eine dauerhafte Weiterführung der Dokumentationsstelle als eigenständige Institution stand für den Regierungsrat nicht zur Debatte. 2019 wurde beschlossen, dass der dokumentarische Kern der Sammlung durch das Staatsarchiv übernommen und gesichert werden sollte.

Die Sicherung der Unterlagen im Staatsarchiv gelang durch gemeinsames Engagement von Dokumentationsstelle, Gesundheitsdepartement und Staatsarchiv. Dank eines Unterstützungsbeitrags des Swisslos-Fonds konnten die aufwändigen Ordnungs-, Verzeichnungs- und Verpackungsarbeiten der grösstenteils nicht inventarisierten Sammlung finanziert werden. Diese Arbeiten übernahmen Aernschd Born und die Historikerin Sabine Braunschweig, das Staatsarchiv gab die Regeln vor. Das Staatsarchiv steuerte mit Projektbegleitung, Etikettierung sowie Optimierung der Verpackung weitere wesentliche Eigenleistungen bei. Zur Aufgabe des Staatsarchivs gehörte es auch, den angebotenen Bestand zu bewerten und eine Auswahl zu treffen. Die Objekte der Sammlung übernahm das Historische Museum Basel, das Bibliotheksgut ging an die Universitätsbibliothek Basel. Trotz Beeinträchtigung durch die Coronapandemie konnten die Arbeiten planmässig abgewickelt werden. Die Lokalitäten der Dokumentationsstelle wurden nach der Übergabe an das Staatsarchiv geräumt und der Trägerverein der Dokumentationsstelle löste sich im Februar 2022 auf.

Die Unterlagen sind ab sofort unter der Archivsignatur «PA 1306 Dokumentationsstelle Atomfreie Schweiz» via Online-Archivkatalog (https://query.staatsarchiv.bs.ch) recherchierbar und können im Lesesaal des Staatsarchivs eingesehen werden.

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