Museum der Kulturen gibt beschnitzten Baumstamm zurück

Das Museum der Kulturen Basel gibt einen beschnitzten Baumstamm von einem Zeremonialplatz an eine indigene Bevölkerungsgruppe Australiens zurück. Ein Basler Sammler vermittelte ihn 1940 trotz Ausfuhrverbot dem damaligen Völkerkundemuseum. Der Regierungsrat stimmt der Restitution zu. Diese stellt für das Museum der Kulturen einen wichtigen Schritt in der Aufarbeitung seiner Sammlung aus kolonialem Kontext dar.

Für die indigene Bevölkerungsgruppe der Kamilaroi ist er mehr als ein Baum: Der «thulu», wie der beschnitzte Baumstamm heisst, gilt als lebendig und verbindet sie mit ihrem Land. Er ist Vorfahre und Familienmitglied zugleich, verkörpert Wissen und verfügt über Handlungsfähigkeit. Der Baumstamm stand auf einem Zeremonialplatz im Südosten Australiens. Der Basler Lucas Staehelin kaufte den Baum dem heutigen Australian Museum in Sydney ab. 1940 schenkte er ihn dem Völkerkundemuseum Basel. Sowohl Staehelin wie auch das Basler Museum waren sich im Klaren darüber, dass er eigentlich unter ein Ausfuhrverbot fiel.

Schwieriges Erbe

Im Mai 2022 besuchte eine Delegation der Kamilaroi das Museum der Kulturen Basel und stellte anschliessend ein Restitutionsbegehren. Dabei berief sie sich auf die Ethischen Richtlinien für Museen vom International Council of Museums (ICOM). Die Museumsdirektion und die Museumskommission unterstützten das Begehren ebenso wie das Rektorat der Universität Basel, denn die Sammlung ist juristisch gesehen Universitätsgut. Auf der Grundlage des Museumsgesetzes stimmt auch der Regierungsrat einer Restitution zu.

Für das Museum der Kulturen ist sie ein wichtiger Schritt in der Dekolonialisierung seiner Sammlungsbestände. Das Museum hat sich zum Ziel gesetzt, seine gesamte Sammlung auf koloniale Belastungen hin zu untersuchen. Durch fundierte Forschung will es eine begründete Position hinsichtlich Ansprüchen und Rückgaben finden und diese transparent vermitteln. Seine Forschung wird durch die Rahmenausgabenbewilligung Provenienzforschung des Kantons Basel-Stadt sowie durch das Bundesamt für Kultur gefördert.

Angekündigtes Geschenk der Kamilaroi

Mit der Restitution des «thulu» zeigt das Museum der Kulturen Respekt vor indigenen Gruppen und ihrem kulturellen Erbe. Der beschnitzte Baumstamm ist gegenwärtig im Museum der Kulturen zu sehen. In der neuen Dauerausstellung «Alles lebt – mehr als menschliche Welten» geniesst er einen prominenten Platz. Bei einer Rückführung will die Gruppe der Kamilaroi im Gegenzug ein Geschenk überreichen: Noch offen ist, ob es ein eigens dafür ausgesuchter Baumstamm mit Schnitzereien ist, der jedoch nicht als lebendig gilt. Das Geschenk soll jedenfalls in der Ausstellung den Platz des «thulu» einnehmen und dem Museum die Möglichkeit bieten, die Geschichte seiner Rückführung zu erzählen.

nach oben